2006/06/15

Mekong (15.6.2006)


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Originally uploaded by schlagwein.

Auf der laotischen Seite der Grenze waren wir dann erstmal froh, dass wir das Ticket vorab organisiert hatten und ich Mathematik-Leistungskurs (Kopfrechnen!) hatte: die Bootsleute verlangten zuviel und das Wechselgeld der Wechselstube stimmte auch nicht. Wie bei allen Grenzen also: Vorsicht! Die Wechselstube hat mir zunächst 1.500.000 Kip (10 Euro) zuwenig zurückgegeben, was mir aber auffiel. Für Colleen, eine Australierin, die wir auf dem Boot kennen lernten und mit der wir später eine Weile zusammen weiterreisten stieg der Bootspreis plötzlich von 12$ auf 22$ an - was sie leider erst zu spät erfuhr.
Trotz dieses Einstiegs machte Laos von Anfang an einen sehr angenehmen Eindruck: Laos ist so gut wie nicht bevölkert (85 Prozent der Landesoberfläche sind ein intaktes Ökosystem ohne Wege und Felder) – und die paar Laoten (5 Millionen auf der Fläche Deutschlands) die es dann doch gibt, sind ausgesprochen freundlich. So hatten wir beim Obstaustausch (Chili-Green-Mango gegen Rambutan) mit den mitfahrenden Laoten auf der Fähre dann auch schon den Abzockversuch verziehen. Die traumhaft süßen Kinder taten ein Übriges…
Die Bootsfahrt von der thailändischen Grenze nach Luang Prabang dauert 2 Tage – mit dem so bezeichneten „Slow Boat“ (das ist jetzt nicht unbedingt der vermarktungstechnisch beste Name, aber ehrlich). Das „Speed Boat“ schafft es an einem Tag, ist aber viel zu schnell und ohrenbetäubend laut unterwegs. Wir brauchten mit dem Slow Boat eine zusätzliche Übernachtung in einem eher unspektakulären Dorf namens Pakbeng. Das Boot ist auf dieser Strecke keine Touristenattraktion: eine Strasse nach Luang Prabang existiert dort nicht. Okay: Man kann theoretisch Richtung Norden fahren (die Chinesen haben sich darum gekümmert, dass Nord-Süd-, sprich China-Thailand-Strassen gebaut wurden) und von dort nach Luang Prabang – aber wer sitzt schon lieber zwei Tage im Bus als im Boot?
Der Mekon führte mit Beginn des Monsuns wieder mehr Wasser, als wir auf ihm fuhren – war aber immer noch zu niedrig für chinesische Transportschiffe, so dass wir praktisch alleine unterwegs waren. Der Mekon ist nicht nur komplett gelb-rot, sondern es liegen auch Unmengen von Felsblöcken im Flusslauf. Das macht die Fahrt an einigen Stellen zu einem komplizierten Unterfangen – trotz der hier üblichen sehr schmalen (dafür langen) Bootsform. Unterwasserfelsen haben schon einer ganzen Reihe von unerfahrenen Speed-Boat-Kapitänen den Gar aus gemacht. Der Flusslauf ist wie eine Fahrt durch die Urzeit: von Menschen ist nichts zu sehen und die wenigen Orte, die es gibt, bestehen aus drei Bambushütten und einer Herde Wasserbüffel, die im Mekong baden. In Laos sieht man noch „Unterentwicklung“ im besseren Sinne: authentische Naturverbundenheit, nicht überbevölkerungsbedingtes Dahinvegetieren.
Der Mekong bietet neben den Wasserbüffeln aber auch den Lebensraum für den größten Süßwasserfisch überhaupt (der Giant Catfish), der in der Nähe unserer Anlegestelle bei Chiang Klong noch vorkommt. Er kommt in keinem anderen Fluss der Welt vor und wird wohl aussterben, da die Chinesen damit begonnen haben, die Felsen im Flusslauf zu sprengen, damit die Transportschiffe ganzjährig fahren können. Weiter südlich im Mekong an den „3000 Inseln“ nahe der kambodschanischen Grenze gibt es die nicht weniger bemerkenswerten weißen Süßwasser-Delphine.
Am Abend des zweiten Tages der anstrengenden Fahrt (Holzbänke, au) erreichten wir schließlich Luang Prabang, nach der Hauptstadt Vientiane die zweit bedeutendste Stadt im Norden von Laos. Auch hier gab es keine Uferpromenade oder ähnliches – und die uns als schön beschriebene Stadt Luang Prabang entpuppte sich als (wunderschönes!) Örtchen von knapp 25.000 Einwohnern. Das entspricht nach unserer Einschätzung nach etwa einem mittleren Wohnblock in Bombay.

Daniel