2007/04/27

Kolumbien

kolumbien wird wegen turbulenter gegenwart und vergangenheit gerne auch mal "locombia" genannt. es ist, neben diamanten, kaffee und gabriel garcia marquez, vorallem wegen permanentem buerger- und guerilla-kriegen, entfuehrungen und drogen-kartellen bekannt. das ist im wesentlichen auch alles wahr, aber spiegelt doch nicht das land wieder.

kolumbien hat die einzige landverbindung zu mittel- und nordamerika - den darien, auf der anderen seite liegt panama. im osten grenzt es an venezuela, im westen an den pazifik, im norden liegt die karibik und im sueden equador und die anden. die pazifik-kueste ist schwer erschliessbar, so dass sich die groessten staedte im landesinneren oder an der nord-kueste gebildet haben. cali liegt im tropischen tiefland, cartagena an der karibik-kueste, medellin auf einer mittleren hoehe mit mediterranem klima und bogota in den kuehlen hoehen der anden, zwischen den zentren des kaffee-anbaus im "kolumbianischen hochland".

kolumbien wurde entsprechend der geographischen lage als erstes land suedamerikas besiedelt, eine vielzahl von indianer-kulturen entwickelten sich in dem sehr fruchtbaren land. besonders bemerkenswert sind die staetten, welche die tairona- und die san-augustin-kulturen hinterliesen. obwohl nach christoph kolumbus benannt, war es 1499 alonso de ojeda, der als erster europaer das land betrat. angelockt vom "el dorado", dem lange gesuchten, nie gefundenen golden land, kolonialisierten die spanier die region schnell. 1525 wurde santa marta, 1533 cartagena (de indias) und 1538 (santa fe de) bogota gegruendet. bis 1717 wurde kolumbien von peru aus verwaltet, danach wurde bogota hauptstadt von neuva granada (heute panama, kolumbien, venezuela und equador).

im folge des krieges in europa wurde napoleons bruder 1808 auf den spanischen thron gesetzt... die kolumbianischen staedte erkannten das neue staatsoberhaupt jedoch nicht an und erklaerten sich fuer unabhaengig. 1812 wurde die unabhaengigkeitsbewegung mit simon bolivar heeresfuehrer und cartagena als ausgangsbasis erstmals realisiert. nachdem napoleon in waterloo geschlagen wurde, gelang es den royalisten jedoch, die spanische herrschaft 1817 wiederherzustellen. in der entscheidenden schlacht von boyaca konnte sich bolivar jedoch schliesslich durchsetzen - und kolumbien wurde 1m 7. august 1819 ein unabhaengiger staat.

wie schon im venezuela-eintrag geschrieben, fiel jedoch bolivars "gran colombia" bald auseinander, nicht zuletzt aufgrund des krassen gegensatzes zwischen den "foerderalisten" und den "zentralisten". diese beiden gruppen blieben in kolumbien auch danach als "liberale" und "konservative" erhalten, die sich ueber jahrzehnte teilweise politisch, aber vorallem auch physisch bekriegten. der heftigste der buergerkriege dieser zeit war der "krieg der 1000 tage" 1899, der mehr als 100.000 opfer forderte und panama die unabhaengigkeit brachte (mit tatkraeftiger unterstuetzung der usa, die daraufhin den panama-kanal bauen konnten). nach einigen jahren der ruhe kam es nach einem mordanschlag auf den libaralen praesidenten dann 1948 zu "la violencia", dem blutigsten buergerkrieg zwischen den beiden gruppen. 300.000 menschen starben damals. einige der liberalen gruppen entwickelten waehrend dieser zeit zunehmend revolutionaere tendenzen, was schliesslich zum bruch mit der liberalen fuehrung fuehrte - der beginn der linken guerillas. nach einer militaerdikatur unter general rojas (bis 1957) einigten sich die liberalen und konservativen schliesslich auf ein gemeinsames regieren fuer die naechsten 16 jahre, um weiteres blutvergiessen zu vermeiden.

die regierung versucht in der folgezeit auf verschiedenen wegen, die (meist kommunistischen) guerillas entweder mit verhandlungen oder gewalt zur aufgabe zu zwingen. leider misslang dies im wesentlichen - bis heute praegt der kampf der guerillas, die knapp die halbe landesflaeche (allerdings nur die wenig bewohnten teile) kontrollieren, kolumbien. die bedeutensten guppierungen sind die fnac, die eln und die m-19. trauriger hoehepunkt: 1985 stuermten die m-19 (movimiento de 19 de abril) den justizpalast mitten im zentrum bogotas und nahmen die bundesrichter als geiseln - es endete mit dem eingreifen der armee in ein blutbad. die gruppierung endete ihre gewaltaetigen aktivitaetn nach langen verhandlungen 1990. die fnac (etwa 20.000 mann stark) und die eln (etwa 5.000 mann stark) kaempfen aber bis heute weiter. bekannt wurden im ausland vorallem die geiselnahmen, die zur finanzierung dienen. 2003 wurde eine neunkoepfige touristengruppe im tairona nationalpark von der fnac gekidnappt. als gegenpol haben sich privat-finanziert (rechts-reaktionaere)"paramilitarische einheiten" (zentrale organisation: auc - autodefensas unidas de colombia, 10.000 mann) gegruendet... die gezielt gegen die guerillas vorgehen. auch ihnen werden schwere menschrechtsverstoesse nachgesagt.

eine weiteres problem stellen die drogen-kartelle dar. durch die illegalisierung von kokain enstand ein gigantischer schmuggel-markt, vorallem in die usa. profesionelle kartelle verkauften die ware der kolumbianischen coca-bauern an ihre us-abnehmer. das geld reichte aus, um ganze privatarmeen zu finanzieren... bekannteste kartelle waren die von cali und medellin. insbesondere das medellin-kartell unter pablo eskobar erlangte traurige beruehmtheit. die us-regierung setzte sich stark fuer die bekaempfung der kartelle in kolumbien ein. in den neunziger jahren wurde eskobar schliesslich nach langen verhandlungen unter geheimen bedingungen von der regierung in einem luxus-gefaengnis untergebracht. er entkam jedoch und wurde von einer spezialeinheit der polizei 400 tage gejagt und schliesslich in medellin erschossen. das geschaeft ist heute trotz aller kampagnen eher groesser als zu beginn, wird heute von der guerilla oder kleineren kartellen betrieben. solange kokain nicht legalisiert wird, wird das organisierte verbrechen sich damit, wie in diesem fall sehr passend vom volksmund formuliert, "eine goldenen nase verdienen". immerhin hat kolumbien so eine touristen-attraktion mehr: es ist fuer touristen in mode gekommen, sich die illegalen kokain-fabriken im urwald zeigen zu lassen (kolumbianer und us-amerikaner werden auf solche touren nicht mitgenommen).

der praesident von kolumbien ist seit einigen jahren uribe, der ein hartes vorgehen gegen die guerilla als hauptwahlkampfmittel eingesetzt hat. der konflikt hat daher in den letzten jahren eher zu- als abgenommen. obwohl kriminalitaet und buergerkrieg nach wievor akute probleme sind, so entschied ich mich nach ordentlichem nachforschen dafuer, das ganze nicht ueberzubewerten und kolumbien als normales reiseland zu betrachten. und mag auch kolumbien vielleicht nicht komplett ungefaehrlich sein, so ueberwiegt doch ganz sicher die magie kolumbiens - fuer mich eines der interessantesten reiselaender.