2007/05/26

Madrid (26.5.2007)

Madrid bildet den geographischen, wirtschaftlichen und politischen Mittelpunkt Spaniens. Ohne Vororte zählt Madrid 3,5 Millionen Einwohner, was es nach London und Berlin zur drittgrößten Stadt in der EU macht. Madrid ist Hauptstadt, Königs- und Regierungssitz Spaniens, sowie Zentrum der Region Kastilien, deren Spanisch-Variante "castellano" sich als Amts-Spanisch durchgesetzt hat und entsprechend in Südamerika gesprochen wird - zum Nachteil etwa des in der Region um Barcelona gesprochenen "català(n)". Die Einwohner von Madrid, die "Madrileños", gelten als etwas ignorant, was bei soviel Bedeutung der Stadt im spanischen Universum kaum ausbleibt.

Mein persönliches Madrid empfing mich regnerisch und durch-und-durch... europäisch! Die Temperaturen tief, die Preise hoch, das Straßenbild penibel aufgeräumt... Insgesamt war es für mich ziemlich ernüchternd. Immerhin waren die Madrileños wohl gekleidet und "Kolonial"-Bauwerke gab es in ganzen Straßenzügen. Nach dem ersten Schock begab ich mich, da ich keinen Reiseführer hatte, auf vage Empfehlung hin zur berühmten Gran Via, um mir ein günstiges Hotel (kein HoStel) zu suchen. Die Information war zwar im Prinzip richtig, aber alle günstigen Hotels voll. In einer Seitenstrasse, gegenüber dem bekannten Telefonica-Gebäude, wurde ich dann schliesslich doch noch in einem sehr ansehnlichen Hotel mit freundlichen Betreibern, wohl auch angesichts meines inzwischen nassen Zustandes, aufgenommen. Wann ich das letzte Mal über 40 Euro (für eine einzige Nacht!) für ein Zimmer bezahlt hatte? Auf dieser Reise jedenfalls nicht.

Von meiner lieben Bekannten Susanna aus Barcelona hatte ich die Nummer von Vinces, einem wohl relativ bekannten spanischen Schauspieler, der in Madrid lebt, bekommen. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Meinen ersten Abend verbrachte ich, nach einem Döner Kebab (der erste seit 2005, "Döner-Buden" sucht man in Asien und Amerika vergebens) in erster Linie mit Baden (yeah!) und Fernsehen (deutsche Nachrichten!) - während es draußen weiter und weiter regnete. Am nächsten Tag sah ich mir, mit Audio-Guide, das spektakulär neu umgebaute Museo Reina Sofía an. Hier wird moderne Kunst ausgestellt, unter anderem natürlich von Picasso (sein berühmtes "Guernica" von 1937 unter dem Eindruck des spanischen Bürgerkriegs ist hier zu sehen) und Dalí. Nachmittags traf ich mich mit Vinces, der mich nach einem Kaffee einlud, mit ihm abends in die Gastvorstellung der Londoner Royal Shakespeare Company zu gehen. "Coriolanus" wurde im Original gespielt - und ich konnte last minute noch eine Karte ergattern. Danach gingen wir Tapas essen - und ich später mit Vinces Freundinnen, die irgendwie alle Theater-Kritikerinnen von Beruf waren, noch bis morgens in die Bars des „El Madrid de los Austrias“ (unter den Habsburgern erbautes, zentrales Stadtviertel von Madrid).

Am nächsten Tag wachte nach viel zu wenig Schlaf (check-out-Problematik...) und entsprechend verkatert auf. Irgendwie schaffte ich es aber trotz meines Zustandes und wieder einsetzenden Regens, mir den Plaza Mayor (zentraler Platz von Madrid de los Austrias), den Plaza de la Puerta del Sol (mit dem Kilómetro Cero, dem Ausgangspunkt der sternförmig-angelegten spanischen Nationalstraßen) und zum Schluss noch, dank höflichstem Spanisch und weiblicher Einlasskontrolle (hatte meine Brieftasche vergessen...) mir für lau "den Prado" anzusehen. Das Museo del Prado, als Konkurrenz zum Louvre in Paris entstanden, ist sicherlich eines der bekanntesten und wichtigsten (Kunst-)Museen der Welt und bietet eine komplette Dokumentation spanischer und europäischer klassischer Kunst. Berühmtestes Bild ist "Las Meninas" von Velázquez. Das Museum ist auf mehrere Etagen streng thematisch sortiert. El Greco, Goya (der mich irgendwie verfolgt...), Tiziano, Dürer, van Gogh und anderen Künstlern sind eigene Ausstellungen gewidmet. Als ich im Prado war, wurde gerade umgebaut - die Ausstellungsfläche soll bis Herbst noch mal um die Hälfte größer werden. Obwohl ich ja klassische Kunst eher, wie soll ich sagen, "historisch interessant" finde - ganz klar ein must-see.

Gegen Abend lud ich meinen Rucksack zum letzten Mal auf, fuhr mit der U-Bahn zum Flughafen und checkte bei Germanwings ein. Ich war erstmal schwer geschockt, dass die Deutschen immer noch so aussahen und redeten, wie ich sie verlassen hatte ("ey, voll geil"). Mein Flug wurde fast nach Düsseldorf umgeleitet, da der Kölner Flughafen wegen heftigsten Gewitters keine Landeslots freigab. Nachdem das doch noch geklappt hatte, mussten wir in der Maschine nocheinmal über eine Stunde warten (es wurde angeblich kürzlich jemand vom Blitz auf dem Rollfeld getötet) - wo ich auf den letzten Drücker noch ein sehr nettes kubanisch-brasilianisch Pärchen aus Bonn kennen lernte. Schliesslich erreichte ich ziemlich verspätet die Gepäckausgabe des Flughafens Köln - bzw. "Bonn. Köln-Bonn" wie die Ansage verkündete.

Als ich aus dem Exit des Sicherheitsbereiches kam, sah ich als allererstes meine Familie, die wild mit "Daniel wir lieben Dich!"-Schildern winkend auf mich warten! Nachdem ich meine kleinen Geschwister und meine Mutter und Manfred ja immerhin noch in Thailand gesehen hatte, waren auch mein Vater und Sylvia und -trotz der späten Stunde- meine Großeltern dort, die ich dann fast eineinhalb Jahre nicht gesehen hatte. Ich war glücklich und überfordert zugleich... Einige Tränen später bat mich meine Mutter, doch mal den Blick zu wenden: worauf hin ich meinen grinsenden Freundeskreis entdeckte, der sich in der Ecke, mit Musik, Sekt und Luftballons positioniert hatte! Erstaunlichweise scheint es dann ja doch auch an deutschen Flugäfen möglich zu sein, mal etwas Ungewöhnliches zu machen. Ich sah zum ersten Mal Sandra und Jeromes Kind (die "Baby"-Zeit habe ich verpasst) Malou, die in ihrem Kinderwagen schlief. Und Timo, wie immer mit einem Knaller in der Hinterhand bei solchen Gelegenheiten, gab mir einen Umschlag, mit einer Ultraschall-Aufnahme von Steffis Bauch - mit kleinem Timo drin! Ich habe mich so gefreut. Liebe Mama, Oma, Sylvia, Rena, Sandi, Sandra, Steffi, Kristel, Malou, lieber Papa, Opa, Manfred, Andi, David, Simon, Olli, Timo, Stefan, Lütti, Jerome, Milan, Maik, David-o-san und wenn ich jetzt alles vergessen habe - Dankeschön für Euer Willkommen! Auch wenn die Weltreise vermutlich das bisher Beste war, was ich in meinem Leben gemacht habe - ich war dann doch auch froh, wieder zuhause zu sein.

That's that.