2006/04/21

Delhi (21.4.2006)


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Originally uploaded by schlagwein.


Am recht poschen Airport wurden wir in unserem Pre-Paid-Taxi direkt schon mal von einem Comission Guy in Empfang genommen. Er hatte Hannah gefragt, ob sie das erste Mal in Delhi sei und sich dann selbst zum Beifahrer in unserem Taxi gembacht. Es geht immer um dasselbe: Erstbesucher von ihrem Hotel ab- und in einem Komission zahlenden Hotel unterbringen. Oft sind Hotels „closed“ oder es sind „riots“ in der Gegend. Seine Masche und der neuste Trick: Besuchern wird vorgegaukelt, dass der Taxifahrer das Hotel nicht kennt, sie halten bei einer „Tourist Information“, wo man das Hotel anruft um festzustellen, dass das Zimmer doppelt gebucht ist – ein neues Hotel ist aber zum Glück schnell gefunden. Alles getürkt natürlich... Welcome back to India. Mit indischem Handy, aufgeschriebener Taxinummer und deutlichem Hinweis auf die „Tourist Police“ (die ist für so was zuständig) verzichten die beiden dann aber doch auf Zwischenstopps und es viel Ihnen wieder ein, wo das Wongdhen House in Manju-ta-killa ist.


Das Wongdhen erwies sich als gute Wahl, denn es war sauber und freundlich wie kaum ein anderes Hotel, dass wir bis dahin hatten (und das für 225 Rupien, 4 EUR). Bei Manju-ta-killa handelt es sich um eine tibetische Enklave – gegründet nach dem Völkermord und der Massenflucht die die Chinesen in Tibet anrichteten. Free Tibet werden wir wohl nicht mehr erleben – zu wünschen wäre es aber diesem Volk.
Hannah wurde leider krank, dadurch blieben wird länger in Delhi als geplant. Dehli ist im Zentrum wesentlich „westlicher“ als die anderen indischen Städte: es gibt McDonalds, KFC und Pizza Hut sowie Monostores von Adidas und anderen Westmarken. Direkt unter diesen Läden aber brodelt der unterirdische Palika Bazaar, wo um gefälschte T-Shirts und Düfte, Elektronik jeder Art und so ziemlich alles erdenklich andere gefeilscht wird. Insgesamt ist Dehli eine sehr toughe Stadt: ganz so wie man es von der indischen Hauptstadt erwartet. New und Old Dehli sind übringens nicht zwei getrennte Städte, sondern eher zwei Zentren innerhalb derselben Stadt (vergleichbar mit Berlin, nur halt 5mal so gross und dreckig).


Klassische Sehenswürdigkeiten sind in Delhi das „Rote Fort“, dessen Besitz jahrhundertelang den Herrschaftsanspruch über (Nord-)Indien manifestierte. Zudem gibt es mit der Jama Masijd die größte Moschee Indiens in Delhi. Wegen des Bombenanschlags auf die Gläubigen am zweiten Tag unseres Besuches verzichteten wir aber auf den Innenraum. Wir sahen und die National Gallery (sehenswert) und das National Museum (etwas angestaubt) an und besorgten auf dem besagten Palika Bazaar eine neue Kamera, da die alte einen kleinen Wassereinbruch aus meiner Wasserflasche nicht überstanden hatte.


Überflüssiges Gepäck schickten wir von der Post aus. Die Post in einer knappen halben Stunde schliessen würde war natürlich der Gepäckschalter schon geschlossen („nine to five“ ist in Indien eher „ten to four“) – und außerdem war unser Paket noch gar nicht eingenäht. Mit ein wenig Bakschisch, Schmiergeld, ging es aber dann doch noch. Das war unsere einzige Gelegenheit ein wenig von der berühmt-berüchtigten indischen Schmiere zu zahlen (in diesem Fall 3 EUR). Den Sinn des Einnähnes (alle indischen Pakete werden verpflichtend in weißes Leinen eingenäht) konnten uns aber auch diesmal die plötzlich sehr hilfsbereiten Postbeamten nicht erklären: immerhin wussten sie, dass in anderen Länder Pakete nicht eingenäht werden. Dieselbe Frage rief auf dem Land meist ungläubiges Entsetzen vor (man stellte sich das nur einmal vor: NICHT-eingenähte Pakete… auf solche Ideen können auch auch nur Westler mit halbangezogenen Weibsbildern (ohne Sari) kommen). Die beste Antwort, die wir erhielten war ein etwas unspezifisches, aber mit breiter Überzeugung vorgetragenes „for security reasons“. Überzeugt nicht ganz, wir glauben eher an kulturell verankerte ABMs.


Nach langem hin- und herüberlegen, prüfen der Flugpreise und Telefonaten mit Wagma und verschiedenen Botschaften entschieden wir uns schließlich gegen die ursprünglich angedachte Überlandroute durch Pakistan nach Kabul (was uns angesichts der sicherheitspolitischen Situation von praktisch allen dringend geraten wurde) und für einen Direktflug nach Bangkok.


Vorher wollten wir uns aber noch Agra und Rajasthan ansehen – die klassischen Reiseziele in Indien. Nachdem wir einen Zug einfach verschliefen (wir entschieden uns entgegen des Weckers um 4.30h spontan doch noch weiter zu schlafen…) und am nächsten Tag das Taj Mahal in Agra geschlossen war, beschlossen wir, Rajasthan von hinten aufzurollen und den Jaisalmer-Express zu nehmen, der uns in einer langen Fahrt den äußerten Westen Indiens, an die pakistanische Grenze und an den Rand der Wüste Thar bringen sollte. Fast hätten wir auch diesen Zug verpasst: nachdem wir bereits mittags unser Gepäck im Hauptbahnhof „New Dehli Train Station“ (eigentlich aber in der Old City gelegen und der Bahnhof, wo fast alle touristischen Fernziele angefahren werden) aufgegeben und noch in Seelenruhe eingekauft und gegessen hatten und uns auch noch eine konkrete Plattform für den Zug genannt wurde, waren wir dann doch etwas geschockt, als wir 20 Minuten vor Abfahrtszeit dann erfuhren, dass wir am falschen Bahnhof warteten. Die Abkürzung DEL muss noch lange nicht Dehli Hauptbahnhof bedeuten. Wäre schlau gewesen, wenn uns das die Ticketverkäufer von „Tourist Quota Counter“ oder die Leute von der Gepäckaufbewahrung gesagt hätten – aber gut: 19.59 Minuten und eine halsbrecherische Rickshawfahrt plus einen Spurt mit „nur noch“ 45kg Gepäck einmal quer über die -tata- „Old Dehli Train Station“ sprangen in der sprichwörtlich letzten Sekunde und nur dank der eines aufmerksamen Mitreisenden auf den schon anrollenden Zug auf (Hannah verwettete schon Leib und Leben darauf, dass wir es nicht mehr schaffen würden)… Das richtige Work-Out vor 19 Stunden Zugfahrt.



Daniel