2007/04/23

Caracas (23.4.2007)

caracas wurde 1567 von den spaniern gegruendet, benannt nach einem indianerstamm. bereits 1577 wurde caracas zur hauptstadt gemacht. in der weiteren geschichte wurde caracas immer wieder von piraten, seuchen und erdbeben heimgesucht - dennoch wuchs es bestaendig zur groessten metropole venezuelas. caracas hat heute den schlechtesten ruf aller lateinamerikanischen staedte... sowohl aufgrund der kriminalitaetsrate und touristenabzocke, als auch aufgrund nachgesagten fehlenden charakters. dennoch gilt caracas ebenfalls als die schnellstwachsende metropole in suedamerika. seit dem zweiten weltkrieg ist die bevoelkerung von 400.000 auf ueber fuenf million gewachsen. caracas liegt ungefaehr 25 kilometer langgezogen in einem parallel zur karibik-kueste verlaufenden tal auf einigen hundert hoehenmetern. auf der meer-zugewandten seite des tales trennt es der nationalpark el avila vom meer. auf der land-seite sind die huegel dagegen bebaut: dort liegen, aehnlich wie in la paz, die barrios, die slums. andere distrikte, wie etwa altamira im osten, sind von der mittleschicht bewohnt, gelten als sicher und wirken suedeuropaeisch.

ich kam von los roques mit dem flughafen-bus (10.000 bs) in die stadt (der flughafen liegt an der kueste, etwa 25 kilometer von der innenstadt entfernt). mir gelang es mit einigen permisos mich in die dank feierabend-zeit voellig ueberfuellte metro zu druecken, deren fuenf linien hier das hauptverkehrsmittel sind. ich hatte mein gepaeck im hotel nuestro (40.000 bs), das gleichzeitig backpacker- und stundenhotel ist, gelassen... wo ich dann naheliegenderweise auch eincheckte. gerade lief in meinem viertel, sabana grande, eine demonstration gegen das abschalten eines chavez-kritischen-fernsehsenders. doppelt- und dreifach vor der kriminalitaet gewarnt, konnte ich niemanden von den wenigen reisenden ueberzeugen, sich mit mir ins beruehmt-beruechtigte nachtleben zu stuerzen. horror-geschichten, wie die des angeblich eine woche zuvor in der strasse des hotels erstochenen deutschen trugen nicht zur entspannung bei. zum glueck hatte das sonst eher schaebige hotel eine nette terasse, auf der ich mit den anderen bis nachts sitzen und ein kuehles (und sicheres bier) geniessen konnte.

in den folgenden zwei tage erkundete ich die innenstadt, wo wir vorallem die inglesia de san francisco gefiel, versucht vergeblich mit der teleferico (seilbahn) auf el-avila-huegel zu fahren und unternahm einen ausflug ins nahe caracas gelegene el hatillo, ein kleiner kolonial-ort. caracas hat durchaus einige annehmlichkeiten zu bieten: so gibt es mehrere grosse und moderne einkaufszentren, mit den ueblichen schikanen von mulitplex-kino bis zara-stores. ausserdem kann man sehr gut international essen - ich war vorallem ueber einen araber (el arabito) mit definitiv arabischem essen gluecklich. kopierte dvds kosten, mit schwarzmarkt-kurs gerechnet, gerade mal 0.50 euro - der niedrigste preis weltweit, soweit ich weiss. ich konnte der versuchung nicht wiederstehen, mir "gegen die wand" (deutscher ton!) zu kaufen. ausserdem findet man in carcas, im gegensatz zum rest des landes, eine menge leute, die englisch sprechen. und: eine deutsche buchhandlung, libreria alemana oscar todtmann! da musste ich, ausgehungert nach deutscher literatur, natuerlich zugreifen. leider sind auch die preise deutsch, so dass ich mir - man nimmt in staedten wie caracas nur kleine betraege mit sich - "nur" goethes "leiden des jungen werther" leisten konnte (natuerlich in der schule schonmal gelesen)... zu ungunsten von thomas manns "buddenbrocks" und guenther grass' "blechtrommel". alles in allem ist also caracas gar nicht sooo schrecklich - aber auch nicht unbedingt ein ort zum auswandern.

samstagabend war wieder niemand zum ausgehen zu bewegen... was ich etwas albern fand. ich hatte im netz eine party mit elektronischer musik ausfindig gemacht, beschloss alleine auszugehen und nahm mir um mitternacht ein taxi zum centro commercial san ignacio. die clubs und bars sind allein schon aus sicherheitsgruenden fast alle in den einkaufszentren integriert. es war die hoelle los, von wirtschaftskrise keine spur. mein anvisierter club sylk stellte sich als klein, aber sehr gemuetlich asiatisch eingerichtet heraus. ausserdem lief ausnahmsweise mal (fuer mich) gute musik... als ich noch unschluessig am eingang stand, wurde gerade alter egos mix von human league gespielt - sowas hatte ich lange nicht mehr gehoert. natuerlich lernte ich einen haufen venezuelaner(-innen) kennen - und den dj aus london. nachdem der laden um vier uhr schloss, fuhr ich mit ihm und ein paar venezuelanern noch in einen anderen club namens "b" (wenn ich das richtig mitbekommen habe... aeh), wo ebenfalls elektro europaeischer schule lief. von dort aus nahm ich mir dann morgens ein taxi zurueck zum hotel. absehbarerweise verschlief ich die auscheck-zeit bei weitem, so dass ich die fahrt nach merdia spontan um einen tag verschob.